Der Graureiher ist ein sehr häufiger Brutvogel in Nord-, West-, Mittel- und Osteuropa. Weitere Brutvorkommen gibt es über die gesamte Streckte der südlichen eurasischen Landmasse bis nach China und nach Sachalin erstreckt. Jahresvorkommen des Graureihers finden sich ebenfalls, außer in Nordafrika in ganz Afrika sowie in den meisten Ländern Südasiens.
Der Graureiher ähnelt in der Größe in etwa dem Storch. Der Graureiher ist überwiegend grau mit einem hellen Körper und einem schwarzen Streif auf der Vorderseite des Halses. Zudem hat der Graureiher kräftige lange Beine und auch kräftige und große Zehen in bräunlicher Farbe.
Auf dem Kopf hat der Reiher einen schwarzen Überaugenstreif, der sich bis zum Hinterkopf fortsetzt und einem Nackenschweif endet.
Fangen wir bei Kopf und Schnabel an. Der Kopf ist "nur" 4 cm breit wirkt dabei nicht nur ziemlich flach sondern schein fast übergangslos in den bis zu 12,5 cm langen Schnabel überzugehen. Die dolchartige Form des Schnabels ist das perfekte Instrument für schnelles zustechen bei der Jagd. Die, mit einer weichen Haut verschließbaren, Nasenöffnungen auf dem Oberschnabel fallen eher klein aus und liegen am Ende einer 2 cm langen Rinne, die sich zur Schnabelspitze herunterzieht (in der Beobachtung gut sichtbar). An der Spitze des Schnabels hat der Graureiher gezähnte Schnabelschneiden, was ihn in die Lage versetzt, glitschige Beute (Fische) gut festzuhalten. Der Schnabelspalt reicht fast bis an das Auge heran, was für das Festhalten von Beute von Vorteil ist. Ein perfekter Rundumblick ist durch die, seitlich aus dem Schädel heraustretenden, Augen gewährleistet.
Auffallend ist beim Graureiher der recht dünne Hals, der aus 15 unterschiedlich große Wirbel gebildet wird. Durch die Steifheit dieser Wirbel wird die seitliche Beweglichkeit des Kopfes erheblich eingeengt. So wird z.B. bei der Schlafhaltung der Schnabel nicht auf dem Rücken abgelegt, sondern wird zwischen Brust und Flügel eingeklemmt (beachten!). In der Ruhehaltung, bei der Lauerjagd und beim Fliegen wird der Hals S-förmig eingezogen und der Hinterkopf ruht dann auf dem Oberrücken und die Schnabelwurzel auf dem Vorderhals. Allerdings ist der Graureiher in der Lage, mit dem Hals blitzschnelle Stöße auszuführen, wobei Kopf und Schnabel mit hoher Geschwindigkeit und Treffsicherheit nach vorne auf das anvisierte Ziel geschleudert werden.
Im Verdauungstrakt hat der Graureiher eine Darmlänge von 2 m und dabei einen nur kurzen Blinddarm, die normale Größe für fleischfressende Vögel. Statt des üblicherweise vorhandenen Kropfes ist beim Graureiher ein dehnbarer Sack ausgebildet, der bis zur achtfachen Größe der normalen Größe ausdehnbar ist.
Beim Graureiher geht die Verdauung nur langsam vonstatten. Bei einem prall gefüllten Magen sind nach 3-4 Stunden Verdauungszeit erst ein Drittel des Mageninhaltes verarbeitet, nach 6 Stunden ist der Magen um die Hälfte gelehrt und spätestens nach 12 Stunden ist der Magen vollkommen gelehrt.
Die Bürzeldrüse des Graureihers ist überwiegend verkümmert, insbesondere kann diese Drüse mit dem Schnabel auch nicht erreicht werden. Stattdessen hat der Graureiher sogenannte Puderdunen. Diese Puderdunen sind im Untergefieder in dichten Gruppen angeordnet und werden auch nicht mit der Mauser abgeworfen. Von den Puderdunen wird ein farbloses talkumartiges Puder abgegeben, das fettig und wasserabweisend ist und von den Graureihern bei der Gefiederpflege auf das Gefieder verteilt wird.
Der Graureiher ist grundsätzlich als tag- und dämmerungsaktiv einzuordnen, allerdings ist der Graureiher in hellen Nächten auch bei der Fischjagd zu beobachten. Dieses Verhalten zeigt sich einerseits an Fischteichen, sowie im Falle der Verfolgung, dann verlegt der Graureiher gezwungener Maßen seine Nahrungssuche in die Nachtstunden. Davon abgesehen ist der Graureiher an Fischteichen kein gerne gesehener Gast, da er dort seinem volkstümlichen Namen des Fischreihers, alle Ehre macht.
Bei der Nahrungssuche sind Graureiher durchaus auch in größeren Trupps zu beobachten, jedoch wird auf eigene Nahrungsterritorien geachtet. Graugränse reagieren auf die Anwesenheit zum Teil mit Aggressionsverhalten und fauchen die Reiher mit vorgestrecktem Hals (siehe Bild unten).
An den Schlafplätzen versammeln sich Graureiher gerne in größeren Gruppen.
Graureiher können tatsächlich schwimmen, allerdings wird man sie schwimmender Weise eher selten beobachten. Ein schwimmender Graureiher sieht auf dem Wasser aus, wie ein grauer Schwan. Da die großen Füße keine Schwimmhäute haben, erzeugen die Paddelbewegungen der Beine und Füße nur einen geringen Antrieb. Daß Graureiher schwimmen ist meistens der Tatsache geschuldet, daß der Vogel beim Einschweben auf den See sich mit der tatsächlichen Tiefe des Gewässers an dieser Stelle verschätzt hat. Anstatt im Flachwasser zu landen, wurde irrtümlich eine tiefe Stelle angesteuert. Der schwimmende Graureiher kann sich aber sofort mit wenigen kräftigen Flügelschlägen wieder in die Lüfte erheben.
Als Brutvogel ist der Graureiher sehr gesellig und brütet in Kleinkolonien auf großen Horsten, die allerdings niemals besonders stabil sind. Bei größer werdenden Populationen wächst anfangs noch die Koloniegröße, um bei Erreichen des Sättigungsgrades wieder abzunehmen, da dann die Zahl der brutwilligen Vögel rückläufig ist.
Einerseits suchen Graureiher ihre Nahrung auf festem Land. Dazu besuchen sie einerseits Wiesen und Weiden und andererseits auch Äcker, wo sie dann beobachtet werden können. Ansonsten sind Graureiher in Flachgewässern bei der Nahrungssuche anzutreffen. Entweder stehen Graureiher bei der Nahrungssuche still auf einem Fleck und suchen den Boden oder das Gewässer nach Fressbarem ab. Auf festem Land können Graureiher beim langsamen Gehen beobachtet werden, dabei wird der Hals niedrig gehalten. Vor dem Zugriff auf die Beute wird der Hals langsam vorgestreckt, um dann kurzfristig schnell Kopf und Hals abzusenken und die Beute zu greifen.
So lassen sich Graureiher beispielsweise auf Wiesen beobachten, wo sie nach Regenwürmern Ausschau halten. Wenn ein Regenwurm lokalisiert wurde, stößt der Graureiher blitzschnell zu und zieht den Regenwurm der Länge nach aus dem Erdreich heraus. Dabei wird auch klar, welche Länge Regenwürmer erreichen können. Wenn der Regenwurm aus dem Erdreich heraus ist, wird der Wurm kurz im Schnabel so gelegt, daß ein sofortiges Schlucken möglich ist.
Ähnlich ist das Verhalten im Flachwasser, nur stehen die Graureiher dort viel länger vollkommen ruhig und beobachten das Geschehen unter der Wasseroberfläche. Das Zustoßen auf die Beute ist dann allerdings genauso wie an Land. Im Wasser wird bis in Tiefen von 20 cm zugestoßen. Dabei werden durchaus auch größere Fische wie z.B. Karpfen erbeutet. Bei großen Fischen wird die Beute zuerst an Land gebracht, um dort verschlungen zu werden. Kleinere Fische und andere Wassertiere werden an Ort und Stelle lebend verschluckt.
Die folgende Bildserie zeigt einen Graureiher bei der Jagd nach einem Regenwurm. Von den anwesenden Bläßgänsen lässt sich der Graureiher nun überhaupt nicht stören, auch nicht vom Aggressionsverhalten der Gänse. Man beachte die vorgestreckten Hälse der Gänse, diese gerichtete Bewegung zeigen graue Gänse bei Erregung und um ihre Aggression zu zeigen.
Trotz seiner Größe ist der Graureiher ein guter und ausdauernder Flieger. Besonders interessant ist die Startphase, bei der der Graureiher zuerst den Körper in eine horizontale Lage bringt, um dann im Fersengelenk einzuknicken. Nach einem kurzen Anlauf, möglicherweise mit einigen eingelegten Sprüngen, erhebt er sich dann zum Flug. Allerdings gelingt der Flug auch aus dem Stand, z.B. aus dem Wasser oder von Ästen, wobei dann nur der Körper in eine horizontale Lage gebracht wird.
Gestartet wird, mit anfangs schnellen Flügelschlägen, gegen den Wind, um dann rasch Höhe zu gewinnen. Der anfangs vorgestreckte Hals wird dann relativ schnell eingezogen, wobei der Kopf auf die Schultern gelegt wird, was dann die charakteristische Flugsilhouette ergibt. Mit nach hinten gestreckten Beinen beginnt der Reiher dann seinen bekannten Ruderflug.
Laut Creutz sollen Echosignaturen auf dem Radarschirm beim Graureiher eine Schlagfrequenz von 2,5-3 Schlägen/Sek. ergeben haben, was umgerechnet einer Fluggeschwindigkeit von 45-55 km/h entspricht. Im Flug werden die gestreckten Flügel im Ellbogengelenk leicht gewölbt, was ebenfalls zum charakteristischen Flugbild des Graureihers gehört.
Beim Graureiher ist der Tagesablauf in Nahrungsaufnahme, Ruhezeiten und die sogenannten Komforthandlungen unterteilt. Unter Komforthandlungen fallen das Putzen, Baden, Trocknen und Sonnenbaden.
Für einen gesunden Vogel ist die regelmäßige Gefiederpflege das A und O der täglichen Körperpflege. Bei der Gefiederpflege wird zuerst in gerader Haltung mit hochgerecktem Kopf am Halsgefieder geknabbert, sofern dieses mit dem Schnabel erreichbar ist. Oftmals erfolgt das mit geschlossenen Augen, einzelne Federpartien werden gesträubt und die Flügel leicht hängend abgestellt. Nach dem Halsgefieder widmet sich der Graureiher den Gefiederpartien an Unterhals, Schultern und Oberrücken. Danach werden erst das mittlere Deckgefieder und schließlich die Schwungfedern durch den Schnabel gezogen. Ist dieser Abschnitt erledigt, kommen Bauch und Flankengefieder dran. Nach den Flügelunterseiten wird schließlich das Putzen mit dem Durchziehen der Schwanzfedern abgeschlossen.
Die mit dem Schnabel nicht erreichbaren Gefiederstellen an Kopf und Hals werden durch Kratzen mit den großen Zehen erreicht. Um das zu bewerkstelligen muss der Graureiher den Korpus leicht nach vorne beugen, den Hals nach vorne strecken und seitlich drehen. Mit der Putzkralle der langen Mittelzehe werden Kinn, Kehle, Oberkopf und Nacken gesäubert. Bei dieser Aktion sind die Scheitelfedern aufgerichtet und die Augen geschlossen (!). Mit der Putzkralle wird auch der Schnabel gereinigt.
Um das Gefieder einzupudern reibt der Graureiher den Oberkopf an den Puderdaunen und verteilt das talkumartige Puder der Puderdaunen auf dem Gefieder und Großgefieder. Den Abschluss des Putzens bildet das Strecken jeweils eines Flügels bei gleichzeitigem Stecken eines Beines, was dann auf der anderen Seite wiederholt wird. Auch gleichzeitiges Strecken der Flügel kommt vor. Schließlich werden die Federn gesträubt und der ganze Körper geschüttelt. Danach kann der Kopf in das Schultergefieder eingebettet werden.
Reiher baden gerne, wobei dann mit dem Schnabel Wasser aufgenommen wird, was dann auf Rücken und Flügel verteilt wird. Für den gesamten Körper wird der Vorderkörper in das Wasser getaucht und mit Bewegungen der Schwingen wird das Wasser auf dem gesamten Körper verteilt. Zum Trocken lässt der Graureiher die Schwingen seitlich herabhängen. Nach der Trocknung beginnt dann wieder die Prozedur des Putzens und Glättens der Federn.
Besonders an warmen Tagen lassen sich Graureiher dabei beobachten, wie sie minutenlang - mit gestrecktem Hals - zuerst die Vorderseite und danach die Rückseite in der Sonne wärmen lassen. Wenn die Rückseite in die Sonne gerichtet wird, werden auch die Flügel geöffnet. Graureiher frönen dem Sonnenbaden zu allen Jahreszeiten, also auch im Winter.
Systematische Einordnung:
Ordnung: Ruderfüßer (Pelecaniformes)
Familie: Reiher (Ardeidae)
Unterfamilie: Tagreiher (Ardeinae)
Gattung: Große Reiher (Ardea)
Art: Graureiher
Beschreibung:
Wissenschaftlicher Name: Ardinea cinerea
Artname Graureiher Englisch: Grey Heron
Artname Graureiher Französisch: Heron cendre
Artname Graureiher Niederländisch: Blauwe reiger
Artname Graureiher Dänisch: Heire, fiskeheire, grasheire, skredheire
Artname Graureiher Schwedisch: Gra häger
Artname Graureiher Norwegisch: Heire
Artname Graureiher Polnisch: capla, czapla siwa
Artname Graureiher Russisch: Sseraja zaplja, Cépa nanar
Vorkommen / Verbreitung: Mitteleuropa, Westeuropa, Südeuropa, britische Inseln, Teile Skandinaviens, weiter über Russland bis nach China, südliches Afrika, Südostasien.
Lebensraum - Biotop: Binnengewässer, Flüsse, Flussmündungen, Küstengebiete
Größe: 90-100 cm.
Spannweite: 175-195 cm
Gewicht: 1000-2000g
Fortpflanzung:
Geschlechtsreife: ab dem zweiten Jahr
Bruten: ab dem 2. Lebensjahr
Brutzeit: März-Juni
Nest: großer runder Reisigbau in Baumwipfeln
Gelege: 4-5 Eier
Legeabstand: 2 Tage
Brutbeginn: ab dem ersten Ei
Brutdauer: 25-26 Tage
Nestlingsdauer: Nesthocker, ab dem 30. Tag selbständig auf dem Brutbaum
Flügge: nach 50 Tagen.
Nahrung: Fische, Lurche, Insekten, Ratten und Mäuse
Jagdrevier: Gewässer und Felder, Wiesen
Lebensdauer: Die Lebenserwartung des Graureihers liegt bei maximal 35 Jahren (ältestes nachgewiesenes Exemplar), hohe Jungensterblichkeit (bis zu 70%)
Feinde: Infektionskrankheiten, Mensch, Rabenvögel (Bruträuber), Fuchs, größere Greifvögel